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AutorenbildSieglinde Ivo

Unsere gallischen Dörfer

Aktualisiert: 15. Feb. 2023

„Zuerst braucht es den Entschluss, einen Verein ins Leben zu rufen.“, so steht es auf der Webseite des Bundesministeriums. Diesen Entschluss haben die Gründer des Vereines der Freien Menschen Graz vor 70 Jahren gefällt.

Und heute braucht es auch immer wieder den Entschluss von Personen einem Verein beizutreten. Sich auf die weiteren Mitglieder einzulassen, verschiedene Meinungen zuzulassen und sich, im besten Falle auch am Vereinsleben zu beteiligen. Es braucht, um einen Verein zu erhalten Menschen, die versuchen die Werte weiterzutragen, sich zu engagieren und manchmal die Verantwortung zu übernehmen.


Ich bin im Wartezimmer meiner Hausärztin über einen Artikel gestoßen in dem geschrieben stand, dass das Markenzeichen der Steiermark, das grüne Herz der Steiermark, seinen 50. Geburtstag feiert und irgendwas mit einem Gallischen Dorf. Sofort ist mir unser Gelände in den Sinn gekommen. Ja, wir sind als Verein älter, aber das Gelände stellt sich ein wenig, wie das Dorf dar, welches mir von den Asterix und Obelix Comics in Erinnerung ist. Mit dem Holzzaun rund umher und den kleinen Hütten und Wohnwägen.


Der Holzzaun dient als Sichtschutz. Ganz zu Anfang, bei der Gründung des Geländes gab es einen Hochsitz in der Nähe, damit, so die Erzählungen, sich doch der ein oder andere vergewissern konnte, dass hier kein Unwesen getrieben wird. Ein Sichtschutz ist er heute auch noch immer, obwohl die Büsche und Bäume mittlerweile schon hochgewachsen sind. Wenn die ersten Sonnenstrahlen im Frühling so halbstark auf die Erde blinzeln, brauchen wir den Holzzaun, denn die Bäume sind noch nackt aber wir können nach dem langen Winter nicht warten bis sie sich bekleiden bevor wir uns entkleiden.


Und eben auch bei diesem „Entkleiden“ muss ich an den Widerstand der Gallier denken. Vor den vielen Jahren als Naturisten, Nudisten oder FKK-Vereine gegründet wurden, hatten auch diese mit Widerstand zu kämpfen, oder mussten Widerstand leisten. Sie hatten mit Vorurteilen zu kämpfen, wurden vielleicht nicht geduldet und wie heute auch noch bestimmt des Öfteren, belächelt. Aber sie haben sich durchgesetzt, eben wie die Gallier ihre Dörfer verteidigt.


Ich traue mich kein pauschales Urteil darüber zu fällen, ob heute das „nackt sein“ in der Öffentlichkeit als „ok“ oder „normal“ angesehen wird. In meinem Bekanntenkreis werde auch ich gerne dafür belächelt. Einige finden es zwar spannend, aber sind um keine Ausrede verlegen, wenn es darum geht das Gelände zu besuchen. Am schlimmsten finde ich ein „das kann ich mir nicht leisten“ im Bezug auf die Figur – Social Media sei hier kein Dank ausgesprochen.

Wir haben am Gelände auch die Möglichkeit bei uns Urlaub zu machen. Den Platz bekommen wir selten voll und da gibt es dann das eine oder andere Stimmchen unter den Mitgliedern das meint, ja, wenn wir kein Naturisten Verein wären, wären wir wie alle anderen Campingplätze auch immer ausgebucht.


Da bin ich dann immer froh, wenn sich doch die eine oder der anderen neue Gallier zu uns verirren, dass „nackt sein“ verteidigen und hinter der Institution Verein stehen. Und ich bin froh über die langjährigen Mitglieder, die mit dem Wissen, den Geschichten und der vollen Überzeugung standfest dem Verein den Rücken stärken.

Die Zeiten haben sich geändert, die Herausforderungen haben sich verändert – der Energieaufwand zum Erhalt der Vereine, der Aufklärung zum Thema Naturismus ist aber gleich hoch geblieben.


Wen ich mir die Karte von Österreich so vorstelle und die Orte der Vereine des ÖNV einblende, da kommt mir ein Lächeln auf die Lippen, weil ich mir denke – Siehste da sind dort und da immer noch Gallische Dörfer, die gegen die Widrigkeiten trotzen.


Ich freue mich auf ein großartiges Jahr in meinem Verein, auf den Ausflug in einen anderen und wünsche uns allen viele Sonnstrahlen auf der nackten Haut.

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